Quelle: Gisela Pugni-Spatz |
Bobbinwork, oder „Nähen mit dem Unterfaden“, ist eine
faszinierende Technik. Mit dieser Technik können Garne, die aufgrund ihrer
Stärke nicht durch die Nadel und die Oberfadenspannung der Nähmaschine passen,
verarbeitet werden.
Madeira bietet einige dekorative starke Garne, welche
perfekt für Bobbinwork geeignet sind.
Baumwollgarn „Cotona“ No. 4
Glanzgarn „Decora“ No. 6
Overlockgarn „Glamour“ No. 8
Silk Garn
Häkelgarne wie „Nora“ und „Lamé“
Mouliné Sticktwist
Metallic-Handstickgarne: 4, 6, 10, 12, 15, 20 und 25
Das Garn wird dabei von Hand auf die Spule aufgewickelt und
der Stoff von der Rückseite bestickt, so dass das Garn später auf der
Vorderseite erscheint. Damit lassen sich markante, dekorative Stickereien auf
Jeans, Leinen und selbst auf Seidenorganza ausführen.
Die Technik
Damit starkes Garn mit der Nähmaschine verarbeitet werden
kann, muss die Unterfadenspannung gelockert werden. Da jeder Nähmaschinentyp
ein eigenes Spulensystem hat, muss man zuerst wissen, wie die
Unterfadenspannung gelöst werden kann. Orientieren Sie sich diesbezüglich am
Benutzerhandbuch Ihrer Nähmaschine, oder erkundigen Sie sich bei Ihrem Nähmaschinenhändler.
Viele Maschinen verfügen über spezielle Unterfadenkapseln
(auch Cordonnetkapseln genannt), welche extra für die Bobbinworktechnik
entwickelt worden sind.
Wir empfehlen, sich unbedingt eine solche spezielle Kapsel
zu kaufen. Falls es diese für Ihre Maschine nicht gibt, können Sie auch eine 2.
Standard-Spulenkapsel verwenden. Kennzeichnen Sie die 2. Kapsel dann mit einem
Punkt aus Nagellack oder einem wasserfesten Stift. Mit der Spannung dieser
Kapsel können Sie nun „spielen“, und die Spannung der ersten Kapsel bleibt wie
sie ist.
Mittlerweile gibt es auch Maschinen mit eingebauten Kapseln,
an denen die Spannung mit einem speziellen Tool direkt gelockert werden kann
(8er Serie Bernina).
Bei Nähmaschinen mit herausnehmbaren Spulenkapseln muss die
an der Kapsel befindliche Schraube mit Hilfe eines Schraubenziehers gelöst
werden, d.h. im Gegenuhrzeigersinn aufgedreht werden.
Achtung! Beim erstmaligen Aufdrehen der Schraube am besten
über einer kleinen Schachtel oder einem Schachteldeckel arbeiten. Wird die
Schraube zu sehr gelöst, kann sie abfallen und leicht auf dem Boden verloren
gehen. Vor dem Lösen der Schraube sollte man auch testen wie normales Nähgarn
durchläuft. Genauso soll nachher auch das stärkere Garn durchlaufen. Das starke
Garn wird dann von Hand auf die Spule gewickelt; dabei den Garnanfang am besten
durch eine Öffnung der Spule von innen nach außen schieben, und mit der linken
Hand festhalten. Das Garn wird nun möglichst gleichmäßig auf die Spule
gewickelt, aber dabei sollte die Spule nicht überfüllt werden. Dies kann ansonsten
zu einem erschwerten Ablaufen der Spule führen. Nach dem Aufwickeln den überstehenden
Garnanfang ebenfalls abschneiden. Mein Tipp: einige Maschinen lassen zu, dass
man das Garn an der Maschine aufspulen kann. Dazu unbedingt vorher die
Spulgeschwindigkeit reduzieren.
Als Oberfaden kann farblich zum Unterfaden passendes oder
kontrastierendes Nähgarn, oder auch Maschinenstickgarn verwendet werden. Der
Oberfaden legt sich über den Unterfaden und ist später als „Überwendlingsstich“
sichtbar. Will man möglichst wenig vom Unterfaden sehen, wählt man am besten
transparentes Nähgarn. Die Stichlänge sollte zwischen 3 und 3,5 liegen. Die
Oberfadenspannung muss eventuell etwas erhöht werden. Als Nähfuß sollte man den
offenen Applikationsfuß oder einen Stopfuss mit versenktem Transporteur einsetzen,
falls man freihand arbeiten möchte. Vor dem Nähen sollte unbedingt an einem
Probestück die richtige Spannung getestet werden: ist die Unterfadenspannung zu
locker, wirft das Garn Schlingen.
Ist sie zu fest, wird der Stoff zusammengezogen. Nur wenn sie
richtig ist, legt sich das Garn glatt und straff auf den Stoff.
Wollen Sie gerne ausprobieren?
Material:
- Verschiedene starke Garne wie oben beschrieben.
- Nähgarn „Aerofil“, farblich passend oder nach Wunsch kontrastierend zum starken Garn, eventuell auch Metallic-Maschinenstickgarn oder transparentes Nähgarn „Monofil“ No. 60
- Stoffe wie Leinen, Baumwolle, Jeans oder auch Seidenorganza
- Stabilisatoren wie „Cotton Soft“, „Cotton Stable“ oder wasserlösliches Vlies „Avalon Ultra“
- Sprühzeitkleber
- Rocailles-Perlen
- Kopierpapier
- spezielle Bobbinworkkapsel oder 2. Standard-Spulenkapsel
- eventuell 1 spitze Sticknadel sowie 1 Perlennadel oder 1 feine Nähnadel
- 1 Bleistift
- 1 wasserfester Stift
Motiv hier herunterladen
Quelle: Gisela Pugni-Spatz |
So geht es!
1. Motiv übertragen
Bei festen Stoffen kann das Motiv mit Hilfe von Kopierpapier
direkt auf die linke Stoffseite übertragen werden. Dabei sollte jedoch beachtet
werden, dass das Motiv nachher auf der Stoffvorderseite spiegelbildlich
erscheint! Bei weniger festen Stoffen wird das Motiv zuerst von der Vorlage mit
Bleistift auf Stickvlies (z.B. „Cotton Soft“) übertragen. Dann wird das
Stickvlies mit ein wenig Sprühzeitkleber an der gewünschten Stelle auf die
linke Stoffseite aufgeklebt. Das Stickvlies ist nun Stickvorlage und
Stabilisator zugleich. Auch hier ist das Motiv nachher auf der Vorderseite
spiegelbildlich zu sehen. Bei dehnbaren Stoffen verwendet man am besten ein
aufbügelbares Stickvlies (z.B. „Cotton Stable“), damit der Stoff während des
Stickens nicht verzogen wird. Bei transparenten Stoffen wie Seidenorganza wird
das Motiv am besten auf Avalon Ultra übertragen. Avalon Ultra ist ein
wasserlösliches und speziell starkes Vlies, auf dem ohne Stickrahmen gestickt
werden kann. Nach dem Besticken wird es in handwarmem Wasser rückstandslos
auflöst.
2. Nähen
Zuerst mit dem Nachnähen der Kontur beginnen, dabei nach
einigen Stichen den Unterfaden nach oben bringen, damit er nicht übernäht und damit
zu kurz zum Vernähen wird. Hierzu kann man evtl. eine spitze Sticknadel zu
Hilfe nehmen, falls der Unterfaden sich nicht durch den Stoff ziehen lässt.
Dann mit einer mittleren Nähgeschwindigkeit nähen. Nach dem Nähen der Kontur
die Fläche mit zu den Konturen parallelen Linien füllen. Nach dem Besticken des
gesamten Motives den Garnanfang und das –ende auf die Rückseite ziehen/stechen,
verknoten und vernähen.
Tipp: Wenn Sie in der Blütenmitte mit Nähen beginnen und
enden, und den Garnanfang und das Garnende lang genug stehen lassen, können Sie
damit in der Blütenmitte Knötchenstiche arbeiten:
Quelle: Gisela Pugni-Spatz |
Die Blütenmitte kann aber auch
nur mit Perlen verziert werden:
Quelle: Gisela Pugni-Spatz |
Mit ein wenig Übung gelingen schnell tolle plastische
Effekte. Probieren Sie es einfach aus!
Tipp: Mit der Bobbinworktechnik kann man natürlich auch die
Zierstiche der Nähmaschine benutzen. Am besten eignen sich großzügige Stichmuster,
die nicht zu oft in dieselbe Stelle stechen. Falls möglich kann man auch die
Stichlänge und –breite erhöhen. Einfach testen und Spaß haben!
Wem diese Technik gefällt, kann man mit ein wenig Übung
fantastische Effekte erzielen und tolle Unikate schaffen. Unsere Designerin
Gisela Pugni Spatz, eine Expertin im Bereich Bobbinwork, hat diese Jacke
hier komplett in Bobbinworktechnik gearbeitet. Sagenhaft, nicht wahr?
Quelle: Gisela Pugni-Spatz |
Schaut Euch diese feine Bluse an! Gemacht mit dem oben
gezeigten Motiv.
Quelle: Gisela Pugni-Spatz |
Oder dieses Täschchen...
Quelle: Gisela Pugni-Spatz |
Wir sind fasziniert davon, wie unterschiedlich das gleiche
Motiv wirken kann!
Unsere Teamkollegin Silvia Maria aus der Designabteilung hat Freude
daran, MixMedia-Kunstwerke in der Bobbinworktechnik zu erstellen. Hier kann man
einen kleinen Wandbehang sehen:
Quelle: Silvia Maria Wunderle |
Haben wir Sie neugierig gemacht? Probieren Sie es einfach
aus! Über Bilder via Email oder bei Facebook oder Instagram mit dem Hashtag #madeiragarne würden wir uns
freuen!